- Familie und Bindung, Stress und Stressreaktion
- Familie und Bindung, Stress und StressreaktionViele Menschen sind heute nicht mehr in der Lage, tiefere Kontakte zu anderen zu knüpfen. Einige wichtige Gründe dafür liegen u. a. in geänderten Familienverhältnissen und der Erziehung.Familie und ErziehungBesonders wichtig für die spätere Fähigkeit, Kontakte zu knüpfen und Bindungen herzustellen, scheint die Säuglings- und Kleinkindzeit zu sein. Vor allem im ersten Lebensjahr lernt ein Baby, Vertrauen zu seiner Umwelt aufzubauen. Dafür benötigt es aber stabile Bindungen zu mindestens einer Bezugsperson (meist der Mutter). Wenn diese Bezugsperson sich nicht ausreichend um das Kind kümmert, ihm nur wenig oder keine Liebe zukommen lässt, bekommt das Kind nicht vermittelt, dass es liebenswert ist, was zu Defiziten in der späteren Kontaktfähigkeit führen kann. Ein Kind, dem hingegen gezeigt wird, dass es geliebt wird, und um das man sich intensiv kümmert, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit später im Leben leichter haben, selbst intensive Bindungen einzugehen.Spielt zu Anfang besonders die Bindung zu einer Bezugsperson eine große Rolle, gewinnen mit zunehmendem Alter Bindungen zu anderen Personen der Familie (Vater, Geschwister, Großeltern) immer größere Bedeutung. So brauchen z. B. Jungen ab einem gewissen Alter eine ältere, männliche Bezugsperson (Vater, guter Freund der Familie), u. a. um ein Vorbild für »männliche« Verhaltensweisen zu haben. Da jedoch immer mehr Familien aufgrund der Trennung der Eltern auseinander fallen und die Kontakte zu den Großeltern z. B. aufgrund zu großer räumlicher Entfernung auch nicht immer gegeben sind, wird es für Kinder und Jugendliche immer schwieriger, enge Bindungen zu anderen Menschen einzugehen.Auch die Erziehung trägt entscheidend dazu bei, Kinder zu befähigen, Bindungen mit anderen Menschen (Freunden oder später Partnern) einzugehen. Bei der Erziehung geht es einerseits darum, Kinder in die Lage zu versetzen, sich in Gesellschaft anderer an bestimmte Regeln des menschlichen Zusammenlebens zu halten und ihnen gesellschaftlich relevante Werte (Ethik) zu vermitteln, andererseits sollen Kinder sich auch ihrer eigenen Veranlagung entsprechend entwickeln dürfen (Individualität). Viele Eltern sind mit der Erziehung ihrer Kinder jedoch überfordert - nicht zuletzt weil sie eine Vielzahl von Tipps für die Erziehung erhalten. Manche Eltern wissen sich dann nur noch mit Gewalt zu helfen (Kindesmisshandlung). Hilfe kann in solchen Fällen eine Familientherapie bieten. Trennung oder Scheidung der Eltern oder auf andere Weise zerrüttete Familienverhältnisse (z. B. wenn die Eltern nicht mehr miteinander sprechen) können Kinder so sehr beeinflussen, dass sie seelische oder körperliche Störungen entwickeln, z. B. wieder einnässen, obwohl sie schon trocken waren, oder kaum noch etwas essen (Magersucht).Die Schwierigkeit, feste Bindungen einzugehen, zeigt sich auch in der hohen Scheidungsrate: Etwa ein Drittel aller Ehen werden derzeit wieder geschieden. Zu den Gründen zählen u. a. die geänderten Erwartungen, die an eine Partnerschaft gestellt werden. Eine partnerschaftliche Beziehung soll in erster Linie Freude machen. Diese hohe Erwartung kann nicht immer erfüllt werden, oft stellt sich heraus, dass die Interessen der Partner bzw. deren Vorstellungen von einem gemeinsamen Leben doch zu unterschiedlich sind. Vielfach scheitern heutige Partnerschaften auch an Krisen, die früher (schon allein wegen der »Schande« einer Scheidung) gemeinsam bewältigt wurden.Stress und StressreaktionUnterschieden werden zwei Formen von Stress: Distress, negativer Stress, der durch anhaltende seelische und/oder körperliche Belastungen entsteht, das Immunsystem schwächen und Krankheiten hervorrufen kann, und Eustress, positiver Stress, der durch freudige Ereignisse (z. B. bestandene Prüfung) entsteht und das Immunsystem sogar stärken kann. Die Stressreaktion wird durch Hormone ausgelöst, welche - werden sie nicht abgebaut - zur länger anhaltenden Unterdrückung des Immunsystems führen können. Ob Stress Krankheiten auslöst, hängt jedoch nicht nur davon ab, wie lange er andauert, es kommt auch darauf an, wie eine Person mit Belastungen umgeht. Ein Mensch kann z. B. besser mit Stress fertig werden, wenn ähnliche Belastungssituationen bereits mit Erfolg gemeistert wurden. Andere gehen Situationen, in denen sie mit Stressreizen (Stressoren) konfrontiert werden, möglichst aus dem Weg. Einige wiederum können mit Belastungssituationen schon allein aufgrund ihrer Veranlagung besser umgehen als andere Personen. Auch Gespräche mit anderen und die emotionale Unterstützung durch andere Personen helfen, mit Stresssituationen geschickter umzugehen und Stress abzubauen. Nicht zuletzt ist auch die Stärke der Stressreize dafür entscheidend, ob Stress Ursache von Krankheiten wird.Siehe dazu auch: Nebenniere: Hormone in Rinde und Mark
Universal-Lexikon. 2012.